Dienstag, September 27

Berlin - und die Leiden des Haile G.

Berlin hat sicher den besten Marathon der Welt, New York den spektakulärsten! Warum ersteres stimmt zeigte sich wieder an diesem Wochenende, als in Berlin- zum wiederholten Male - Marathongeschichte geschrieben wurde. Allein die Tatsache, dass die Starplätze bereits im Feber (!) ausgebucht waren, zeigt das enorme Interesse an diesem Laufevent, an dem diesen Sonntag mehr als 40.000 Athleten an den Start gingen. Mark Milde und seinem Team gelingt es dabei immer wieder die Großen des Laufsports an den Start zu bringen, wie eben den Vorjahressieger Patrick Makau, den König des Marathonsports Haile Gebrselassie , Irina Mikitenko und Paula Radcliffe, um nur einige zu nennen. Erfreulich aber, dass es - neben diesem Staraufgebot - auch so viele Hobbyläufer nach Berlin zieht!

Mein Startplatz beim Berlin-Marathon ist leider verfallen, da ich bekanntlich verletzungsbedingt zu Hause blieb. So hatte ich die Möglichkeit, diesen denkwürdigen Marathon vor dem Fernseher zu verfolgen und erlebte, was ich als Läufer nicht erlebt hätte, Freud und Leid an der Spitze des Feldes!

Zum einen den grandiosen Sieg des Kenianers Patrick Makau, der seine Leistung mit einem Weltrekord krönte. 2:03:38 ist die 42,2 KM noch nie zuvor ein Mensch gelaufen. Man hatte auch kaum Zweifel an einem Sieg, speziell als er bei KM 27 Haile einfach stehen ließ. Da war auch hohe Kunst des Taktierens dabei. Unglaublich auch, dass der Zweitplatzierte (Stephen Kwelio Chemlany) mit 2:07:55 bereits einen Rückstand von mehr als vier Minuten hatte.

Dramatik pur auch bei den Damen! Auch hier lief eine Kenianerin, Florence Kiplagat, allen auf und davon und siegte mit einer Zeit von 2:19:44. Auf den Plätzen Irina Mikitenko und Paula Radcliffe, die nach ihrer Babypause ein tolles Comeback ablieferte!

Haile G. (Berliner Morgenpost)
Was war mit Haile Gebrselassie los? Gleich zu Beginn setzten sich Haile Gebrsellasie und Patrick Makau vom Feld ab und liefen mit einem enorm hohem Anfangstempo bis etwa KM 27 gleichauf. Dann begann der Jüngere zick-zack zu laufen, um dann das Tempo zu erhöhen und ließ Haile sprichwörtlich stehen. Zitat des Siegers: "Ich wollte alleine sein, also bin ich auf die eine Straßenseite gelaufen, aber er ist mir gefolgt. Dann bin ich auf die andere Seite gelaufen, er ist mir wieder gefolgt. Und dann bin ich noch mal auf die andere Seite, dann war er müde." Schrecksekunde, denn der Äthiopier ging von der Strecke und schien aufzugeben. Rennleiter Mark Milde blieb mit dem Fahrrad stehen und schickte dann einen "Hasen" zu Haile, der das Rennen wieder aufnahm um es dann (unbeobachtet von den Kameras) bei KM 35 doch zu beenden.

Erinnerungen an New York 2010 wurden in mir wach, als Haile damals bei KM 24 das Rennen beendete um dann später seinen Rücktritt bekannt zu geben, den er dann wieder zurücknahm. Das Ziel und die Motivation dazu hießen Olympia 2012 in London. Das Training wurde wieder intensieviert und eine eindrucksvolle Darbietung seines Könnens lieferte er in Wien beim Halbmarathon, als er allen davon lief, obwohl er später gestartet war.

Jetzt schien sich aber sein Schicksal zu wiederholen. Und ich denke, auch ein Ausnahmeathlet wie er, der Geschichte geschrieben hat, hat seine Grenzen. Und diese scheinen erreicht zu sein. Denn auch beim NYC-Marathon im Vorjahr merkte er, dass es sich nicht mehr ausgeht. Im gleichen Moment bleib Haile stehen. Zufall?

Es scheint das Ende einer Ära gekommen zu sein. Natürlich haben Topathleten einen andere, mentale Basis als wir Hobbyläufer. Aber lassen sich zwei so spektakuläre Ausfälle so einfach verkraften? Wird er überhaupt jemals wieder einen Marathon bestreiten? Muß er auch nicht, denn er hat - wie kaum ein anderer - viel für den Laufsport getan! der kleine Mann aus Äthiopien wird wohl für immer der Größte der leichtathletik bleiben. Das kann ihm kein Mensch mehr nehmen und das wird wohl kaum ein anderer je erreichen! Einen würdigen Abschluß seiner beeindruckenden Karriere hat er sich aber verdient! Wir dürfen hoffen!

P.S.
Mein Applaus gilt natürlich auch all jenen, die den Berlin-Marathon gefinisht haben. Viele haben ihr persönliches Ziel erreicht, einige sogar überschritten. Für manche lief es vielleicht weniger gut. Aber ihr seid die Helden, ohne die sogar ein Marathon wie in Berlin unbedeutend wäre. Gratulation an alle!!!

6 Kommentare:

  1. Lieber Reinhard,
    ich gehe einmal davon aus, dass Hailes Karriere noch lange nicht beendet ist und er noch für die eine oder andere Schlagzeile sorgen wird.
    Alleine sein Charisma wird ihn niemals vergessen machen. Drücken wir Ihm die Daumen das er wieder kommt!
    LG Gerd

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  2. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass Haile bereits den nächsten Marathon (Dubai?) für die Olympia-Quali im Auge hat. Dieses Mal lässt er sich nicht so schnell hängen.

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  3. @Gerd, @Hannes
    Ich würde mich freuen, mich getäuscht zu haben. Die Paralellen zum NYC-Marathon haben mich bedenklich gestimmt, Aber auch wie der spätere Sieger Haile bewusst demoralisiert hat und dieser umgehend ausgestiegen ist.
    Es wird niemand an Haile herankommen, aber es werden sich zunehmend mehr finden ihn vom Trohn zu stürzen. Leider egal wie!
    Daher bin ich natürlich eurer Meinung, dass er sich ein traumhaft schönes Ende seiner unvergesslichen Karriere verdient. Ob das mit Olympia 2012 gelingt?

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  4. Na ja: Es ist hart für dich, trotz Startplatz zuschauen zu müssen, es ist hart, einen Marathon nicht zu Ende laufen zu können. Ich freue mich immer, wenn ich ins Ziel komme und denke daran, dass es nicht selbstverständlich ist.

    Wie geht's dir? Kommst du bald wieder auf den Asphalt?

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  5. Hallo Reinhard!
    Hoffe dein Herz hat beim Zusehen nicht all zu sehr "geblutet" - aber: ab 20.10., 12.00 geht die Registrierung für 2012 los... :-)

    Was Haile betrifft: keine Sorge, er wird uns zumind. noch ein Jahr erhalten bleiben. Das bestätigte zum einen sein Manager bereits am Nachmittag des Rennens, und zum anderen Haile via Twitter selbst. Perfekt zusammengefasst hat es Achim Achilles :-)http://www.achim-achilles.de/laufthemen/berlin-marathon-infos-tipps-strecke/18608-haile-qunter-weltrekord-zu-laufen-war-zu-schnell-fuer-michq.html

    Und warum sich dieser einzigartige Läufer diese Qualen antut: "Aufgrund der Laufhistorie in meinem Land wird man erst mit Olympiagold im Marathon ein echter Held," erklärte Haile nüchtern vor dem Rennen... The show must go on!

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  6. @Chris
    Man sieht, dass auch Spitzenathleten nur menschen sind. Gerade das macht sie auch "menschlich"! Aufhören ist immer hart. Musste ich aber 2004 in Berlin bei KM 30 auch einmal.
    Ja, Ein wenig Asphalt-Kontakt hab ich schon. Bin aber gleichzeitig noch immer in Behandlung. Mal sehen ..!

    @Edith
    Die Atmosphäre und das Drum-Herum mussen in Berlin ja gewaltig gewesen sein!
    Der Artikel von Achim Achilles ist aussagekräftig. Ich gestehe aber, ich bin noch nicht ganz überzeugt. Ich wünsche diesem wunderbaren Menschen aber dass er sein Ziel erreicht. Die Einstellung dazu scheint zu stimmen!

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