Donnerstag, Juni 29

Marathon des Lebens 2 - "Mit der Reha geht es aufwärts!"

Im Mai schrieb ich unter dem Titel "Marathon des Lebens (Teil 1)" warum ich statt fünf Wochen Krankenhaus- und Reha-Aufenthalt in Summe fünf Monate in diversen Krankenhäusern verbringen musste und warum mein Leben an einem seidenen Faden hing. Nachdem meine zuletzt angekündigte Reha in der Gailtal-Klinik/ Hermagor heute, am 29. Juni 2023 endet, ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen!

Dazu muss man wissen, dass die Gailtal-Klinik auf die Neurologische Rehabilitation spezialisiert ist und sich in diesem Fachgebiet einen guten Ruf erworben hat. Genau deshalb bin ich hier an der richtigen Adresse, um die nächste Stufe meiner Gesundung erreichen zu können!

Das Abenteuer Reha begann am 04. Mai 2023
, als ich von der Rettung vom Klinikum Klagenfurt nach Hermagor überstellt wurde. Eingewiesen wurde ich in ein Dreibett-Zimmer, was mir anfangs nicht sonderlich behagte, sich dann aber doch als gute Wahl herausstellte, zumal das doch sehr geräumige Zimmer einen Balkon Richtung Süden hatte, mit Blick zu den mächtigen Bergen der Karnischen Alpen. Gab es anfangs noch unterschiedliche Meinungen zum starken Zigarettenkonsum eines der Zimmerkollegen, so legte sich der Rauch aber sehr bald, der stets vom Balkon in das Zimmer wehte.

Nach den ersten Tagen der Aufnahme mit Anamnese, Arztgespräch und administrativen Dingen, ging es am Montag, den 08. Mai gleich ordentlich zur Sache. Der Therapieplan zeigte viele verschiedene Einheiten, die mich weiterbringen sollen, wobei das Hauptaugenmerk in den Bereichen Physio- und Ergotherapie lagen. Man muss sich vorstellen, dass ich im Rollstuhl in Krankenhaus angekommen bin und bereits in der ersten Woche alleine mit dem großen Rollator gehen konnte und in der zweiten mit jenem in der normalen Größe. Gleichzeitig war es mir nach wenigen Tagen möglich, mich selbstständig zu waschen und anzuziehen. Letzteres natürlich mit Hilfsmitteln, da es bei meiner Beweglichkeit noch viel Luft nach oben gab!

Wie beschrieben gab es durch die Summe aller Bemühungen, aber ganz besonders Dank meiner mir zugeteilten Physiotherapeutin Christina nahezu im Wochentakt sehenswerte Fortschritte. Ein weiterer Meilenstein war, dass ich bereits in der dritten Woche meines Aufenthaltes für das Gehen keinen Rollator mehr benötigte, wohl aber Nordic-Walking-Stecken, die mir die nötige Sicherheit gaben. Sie wurden aber bald von einem normalen Spazierstock abgelöst. Der Ist-Stand ist der, dass ich auf nahezu ebenen Strecken keine Hilfsmittel benötige, wird's steiler und uneben ist der Stock unerlässlich.

Dazu nun eine Erklärung:
Um einigermaßen normal gehen zu können benötige ich Fußorthesen. Dies deshalb, weil es im Zuge meiner Erkrankung schwere Nerven- und Muskelschädigungen gab. Bedingt dadurch schaffe ich es nicht ohne Hilfsmittel den Fuß so zu heben, dass ich normal gehen kann. Das bedeutet, dass meine Füße ohne Orthese nach unten klappen. Ob ich nun bei meinen Fußbewegungen dauerhaft eingeschränkt bleibe, oder ob sich der Fuß wieder normal bewegen lässt, kann niemand versprechen. Wenn ich aber rückblickend meinen Heilungsverlauf betrachte und meinen Ehrgeiz ganz gesund zu werden dazu nehme, dann bin ich sehr zuversichtlich wieder "der Alte" zu werden! Der Faktor Geduld wird dabei mein ständiger Begleiter sein!

Habe ich zuvor die Physiotherapie erwähnt, so gilt das auch die bereits erwähnte Ergotherapie, die mir die Motorik zu nahezu hundert Prozent zurückbrachte. Wichtig und hilfreich war auch die Wassertherapie mit Andreas, oder die Musiktherapie, bei der man im Takt der jeweiligen Musik seine Übungen macht. Ein sehr kurzweiliges Unterfangen. Ab der Mitte meines Aufenthaltes gab es zweimal die Woche ein Zirkeltraining, bei dem man - aufgrund der stets gleichen Übungen - die Fortschritte gut erkennen konnte. Die Gehgruppe wiederum, bei der ich mich ab Juni einklinkte, brachte mir die Sicherheit, die ich brauche.

Trotz meiner raschen Fortschritte und meiner zunehmenden Selbstständigkeit war das Ziel nach vier Wochen noch nicht erreicht, es gab eine Verlängerung um weitere vier Wochen. Denn vorgenommen habe ich mir, dass ich zu Hause alle wichtigen Dinge des täglichen Lebens alleine bewältigen kann. Das war noch nicht gegeben. Funktionierten also die groben Dinge (gehen mit Orthesen) bereits sehr gut, musste an den Feinheiten noch intensiv gearbeitet werden, wobei ich zusätzlich zu den täglichen Therapie-Einheiten sehr viel Eigeninitiative zeigte und nahezu tägliche Übungen in Eigenregie absolvierte. Anders geht's nicht!

Was mich natürlich zusätzlich motivierte war meine Familie, die telefonischen Kontakte und ganz besonders deren Besuche. Meine Frau Elisabeth nahm jede Woche die lange Anreise auf sich, um Zeit mit mir verbringen zu können. Wenn meine Töchter mit ihrem Anhang kamen gab es immer schöne Ausflüge, die uns einmal zum Weissensee und ein weiteres Mal zum Presseggersee führten. Erfreut war ich natürlich, dass auch Freunde den Weg zur Gailtal-Klinik auf sich nahmen. Nicht nur deshalb vergingen die insgesamt acht Wochen wie im Flug!

Was ist nun das Ergebnis der Reha in Hermagor?
Die Therapeut*innen, wie überhaupt das gesamte Personal sind top! Die Herzlichkeit ist nicht vorgegeben, sondern ehrlich und wohltuend. Die Behandlungen sind maßgeschneidert und werden, je nach Fortschritt, sehr individuell angepasst. Die eigenen Ergebnisse können sich insofern sehen lassen, da ich im Rollstuhl ankam und das Haus auf meinen eigenen Beinen verlasse (sehr wohl aber mit Orthese). 
Negativ anzumerken ist der Umstand, dass man es hier mit dem Rauchen nicht so genau nimmt. Wie sonst kann es sein, dass man paffenden Patienten stillschweigend gestattet am Balkon ihrem Laster nachzugehen (und somit vor den Zimmern, deren Fenster stets geöffnet sind). Meiner Meinung nach sollte in jedem Raum eine Hausordnung mit klaren Angaben hängen, denn es gibt auch Patienten, die sogar weit über Mitternacht hinein den Fernseher laufen haben.

Mein eigener Blick zurück sagt: 
Die letzten fünf Monate haben mein Leben geprägt und beeinflusst wie nie zuvor! Ich bin in der ersten Hälfte meiner Erkrankung durch die Hölle gegangen und habe in der zweiten Hälfte gemerkt, zu welchen Leistungen der Mensch in der Lage ist - wenn man will! Ich habe den Kampf um mein Leben angenommen und letztendlich ganz gut hingekriegt! Die Mühen haben sich aber mehr als gelohnt, da meine Familie aufatmen und ich mit meinen Lieben noch viel erleben kann und auch will! Eines ist auch klar, ein wenig leiser treten werde ich sehr wohl!

Dass es noch viel zu tun gibt um endgültig gesund zu werden ist mir klar, es wartet also noch viel Arbeit auf mich. Das ist aber eine andere Geschichte, Fortsetzung folgt im dritten Teil meiner Serie mit dem Titel "Zurück im Leben!"

2 Kommentare:

  1. Nachdem ich den ersten Teil deiner Serie gelesen habe, kann ich das nur bestätigen: Du bist durch die Hölle gegangen! Grausam. Umso mehr freut es mich, nun zu lesen, dass du dich dort herausgekämpft hast und nun wieder das Licht des Lebens siehst. Jetzt bin ich natürlich gespannt auf den dritten Teil. Und ich wünsche mir, dass ich dort lesen kann, wie es mit dir weiter bergauf geht.

    Herzliche Grüße,
    Eddy

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    1. Lieber Eddy, es war in der Tat die schwierigste Zeit meines Lebens. Durch den Sport haben wir gelernt Grenzen zu verschieben und das scheint mir in diesem Fall ganz gut gelungen zu sein! Mein Weg ist aber noch nicht zu Ende, denn das alles zu verarbeiten dauert noch. Es geht mir aber zunehmend besser!
      Danke für deine Worte und liebe Grüße - Reinhard

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